Wolkenschloss

Wol­ken­schloss : Ro­man / Kers­tin Gier. – Frank­furt am Main : Fi­scher Ta­schen­bi­blio­thek, 2020. (978–3‑596–52309‑2)

«Du bist das schlech­tes­te Kin­der­mäd­chen der Welt, Fan­ny Fun­ke.» Zu ih­rem Glück wird die Prot­ago­nis­tin die­ses Ro­mans nicht nur als Kin­der­mäd­chen ein­ge­setzt. Als Prak­ti­kan­tin im alt­ehr­wür­di­gen Grand­ho­tel Wol­ken­schloss, hoch oben in den Schwei­zer Ber­gen, kommt sie mit Gäs­ten aus der gan­zen Welt in Kon­takt. Dar­un­ter be­fin­den sich ein in­ter­es­san­tes rus­si­sches Olig­ar­chen­paar, ein bri­ti­scher Schau­spie­ler, ein Pro­fes­sor und sein En­kel aus New York, so­wie ein ganz nor­ma­les al­tes Ehe­paar, wel­ches ein Le­ben lang für den Auf­ent­halt in die­sem no­blen Ho­tel ge­spart hat, um nur ei­ni­ge zu nen­nen. Die­se il­lus­tre Ge­sell­schaft sehnt den Jah­res­wech­sel ge­ra­de­zu her­bei. Alle möch­ten sie an dem be­rühm­ten Sil­ves­ter­ball teil­neh­men, an wel­chem die Kron­leuch­ter mit den Gäs­ten um die Wet­te strah­len wer­den.

Durch ihre Ar­beit als Zim­mer­mäd­chen, im Well­ness­be­reich, an der Re­zep­ti­on, oder eben als Kin­der­mäd­chen muss Fan­ny al­len Wün­schen der Gäs­te nach­kom­men, auch wenn sie noch so aus­ge­fal­len sind. Aus­ser­dem gibt es so ei­ni­ge Din­ge, auf die Fan­ny ger­ne eine Ant­wort be­kom­men wür­de. War­um klet­tert der eine Gast lie­ber die Fas­sa­de hin­auf, als die Trep­pe zu be­nut­zen? Was hat der ver­däch­tig aus­se­hen­de Herr hin­ter sei­nem Rü­cken im Ho­sen­bund ste­cken? Sind die Dia­man­ten der Dame wirk­lich echt? Und wo­hin sind die bei­den Kin­der ver­schwun­den? Durch ihre Neu­gier­de und ei­ner Rei­he von Zu­fäl­len schlit­tert Fan­ny in le­bens­be­droh­li­che und kri­mi­nel­le Ma­chen­schaf­ten hin­ein.

Die­ses Ju­gend­buch darf ger­ne auch Be­ach­tung bei er­wach­se­nen Le­se­rin­nen und Le­sern fin­den. Durch ihre bild­haf­te Schreib­wei­se ge­lingt es der Au­torin Kers­tin Gier ex­zel­lent, die Fan­ta­sie al­ler Le­sen­den zu ak­ti­vie­ren. Mir er­ging es so. Ich hat­te den strah­lend blau­en Him­mel di­rekt vor Au­gen, auf der Spit­ze des Ber­ges das herr­schaft­li­che Ho­tel, die Wol­ken­de­cke un­ter­halb so un­durch­dring­lich. Eben­so die Klän­ge wäh­rend des Sil­ves­ter­balls. Das klin­gen der Glä­ser und der Kron­leuch­ter, das Ge­läch­ter und die Un­ter­hal­tung der Gäs­te, die Mu­sik und das Kin­der­la­chen. Und erst die Ge­rü­che lies­sen mir das Was­ser im Mund zu­sam­men­lau­fen. Wäh­rend der Lek­tü­re die­ses Ro­mans er­ging es mir nicht sel­ten so, dass ich, nach­dem ich das Buch auf die Sei­te le­gen muss­te, noch ei­ni­ge Zeit brauch­te, um wie­der in der Rea­li­tät an­zu­kom­men. Man­ches Mal war ich er­staunt, dass draus­sen das schöns­te Som­mer­wet­ter herrsch­te, wo doch eben noch tiefs­ter Win­ter war, so ein­drück­lich ist die Be­schrei­bung in die­sem Buch.

Zu mei­ner gros­sen Freu­de fand ich das Buch in dem für mich idea­len Ta­schen­for­mat. Dies ist al­len Le­se­rin­nen und Le­sern zu emp­feh­len, wel­che die Hap­tik ei­nes Bu­ches ei­nem E‑Reader den Vor­zug ge­ben, je­doch nicht all­zu viel Platz ha­ben, um ein gros­ses Buch für Un­ter­wegs ein­zu­pa­cken. Für alle an­de­ren gibt es die­ses Buch na­tür­lich auch in dem ge­wohn­ten For­mat.

Die Au­torin

Kers­tin Gier hat 1995 ihr ers­tes Buch ver­öf­fent­licht. Es folg­ten zahl­rei­che Bü­cher für Ju­gend­li­che und Er­wach­se­ne, wel­che auf der gan­zen Welt ge­le­sen wer­den. Die Au­torin lebt mit ih­rer Fa­mi­lie in der Nähe von Köln.

Ni­ko­la Ess­lin­ger, Bi­blio­Gais