Thomas Meyer: «Hat sie recht?»

«Hat sie recht?» : un­be­que­me Ant­wor­ten auf al­ler­lei Le­bens­fra­gen / Tho­mas Mey­er. – Zü­rich : Dio­ge­nes, 2021. (978–3‑257–30086‑4).

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Der Schwei­zer Au­tor und Ak­ti­ons­künst­ler Tho­mas Mey­er, bes­tens be­kannt durch sein Buch «Wol­ken­bruchs wun­der­li­che Rei­se in die Arme ei­ner Schick­se» (2012) und des­sen Ver­fil­mung (2018), hat es wie­der ge­tan. Im Dio­ge­nes Ver­lag er­schien kürz­lich sein neu­es Buch «Hat sie recht?»

Der Un­ter­ti­tel «Un­be­que­me Ant­wor­ten auf al­ler­lei Le­bens­fra­gen» ver­rät be­reits, wor­um es geht. Das kurz­wei­li­ge Buch ver­sam­melt näm­lich über 100 Le­ser­fra­gen und dazu Mey­ers Rat­schlä­ge und er­fri­schen­de Denk­an­stös­se zu den The­men Be­zie­hungs­le­ben, Fa­mi­lie, Freund­schaft, Ge­sell­schaft, Ge­sund­heit, See­len­heil, Kin­der, Kom­mu­ni­ka­ti­on, Part­ner­wahl, Da­ting, Sex, Selbst­wert, Tren­nung, Un­treue und Tod. Die Tex­te er­schie­nen in den Jah­ren 2019 bis 2021 als Ko­lum­nen im «Sonn­tags­blick Ma­ga­zin» un­ter der Ru­brik «Mey­er rät».

Eine 52-jäh­ri­ge Frau meint zum Bei­spiel: «Mei­ne Mut­ter ist ein schwie­ri­ger, re­spekt­lo­ser Mensch. Ei­gent­lich möch­te ich nichts mit ihr zu tun ha­ben. Al­ler­dings hat sie nie­man­den mehr aus­ser mir.» Oder: «Ich will mei­ne Or­ga­ne nicht spen­den. Das ist ir­ra­tio­nal, aber bin ich des­we­gen ein schlech­ter Mensch?» Na­tür­lich ist Part­ner­schaft im­mer wie­der ein The­ma: «Wie brin­gen wir, seit 15 Jah­ren ver­hei­ra­tet, fri­schen Wind in un­se­re Be­zie­hung?». Oder: «Ich (w, 32) fra­ge mich nach di­ver­sen Ent­täu­schun­gen: Wie ge­lingt eine Be­zie­hung?» Auch gros­se phi­lo­so­phi­sche Pro­ble­me fin­den im Buch Ein­gang: «Wie­so ler­nen wir nicht aus der Ge­schich­te? Mir scheint, es wie­der­ho­le sich im­mer nur al­les.»

Nun ist Mey­er ja kein Psy­cho­lo­ge, und es stellt sich die be­rech­tig­te Fra­ge, ob und war­um er sich zu­traut, Men­schen in Not Tipps zu ge­ben. Dazu meint er: «Stimmt. Bin ich nicht. Aber wir er­tei­len ein­an­der alle stän­dig Rat­schlä­ge, oft so­gar durch­aus hilf­rei­che. Der ein­zi­ge Un­ter­schied be­steht dar­in, dass ich ein­ge­la­den wor­den bin, es öf­fent­lich zu tun.» Und das macht er bra­vou­rös. Mit ana­ly­ti­schem Blick er­fasst Mey­er die Schwie­rig­kei­ten und Kon­flik­te sei­ner Fra­ge­stel­ler und gibt kurz und prä­gnant äus­serst hilf­rei­chen Rat und in­spi­rie­ren­de, teils pro­vo­kan­te, neue Sicht­wei­sen.

Schon Lao-Tse wuss­te: «Schö­ne Wor­te sind oft nicht wahr, wah­re Wor­te sind oft nicht schön.» Nun, in Zei­ten wie die­sen, wo vie­le Mit­men­schen sich aus Angst vor mög­li­cher Ab­leh­nung nicht mehr ge­trau­en, dem Ge­gen­über of­fen eine un­an­ge­neh­me Wahr­heit mit­zu­tei­len, nimmt Mey­er, Lao-Tse ein­ge­denk, kein Blatt vor den Mund. Er ist un­ver­blümt ehr­lich und of­fen, was auch weh tun kann. Aber ge­ra­de die­se Deut­lich­keit ist sehr hilf­reich. Zu­dem sind sei­ne Rat­schlä­ge gut durch­dacht und pa­cken das Pro­blem bei der Wur­zel. Das Le­ben stellt uns vor vie­le un­be­que­me Fra­gen. Zwi­schen die­sen bei­den Buch­de­ckeln fin­den sich Ant­wor­ten auf et­li­che Le­bens­fra­gen. Kurz­wei­lig, zum Den­ken an­re­gend und oft er­hel­lend.

Ge­rold Eb­ne­ter, Me­dia­thek der Kan­tons­schu­le Tro­gen