Eine herzerwärmende Vater-Sohn-Geschichte

Pan­da­ta­ge : Ro­man / Ja­mes Gould-Bourn. – Köln : Kie­pen­heu­er & Witsch, 2020. (978–3‑462–05364‑7)

«Na ja, wenn er mir et­was sa­gen möch­te, dann wür­de ich mir wün­schen, dass er es mir ein­fach sagt. Es ist jetzt über ein Jahr her. Was auch im­mer er zu sa­gen hat, es kann nicht schlim­mer sein als die­se Stil­le.» Dan­ny ist ver­zwei­felt. Vor mehr als ei­nem Jahr ist sei­ne Frau Liz bei ei­nem Au­to­un­fall ums Le­ben ge­kom­men und seit­her spricht sein Sohn Will, der den Un­fall über­lebt hat, kein Wort mehr. Zu al­lem Un­glück ver­liert Dan­ny sei­nen Job und sein Ver­mie­ter droht ihm, weil er die Mie­te nicht be­zah­len kann. Nach­dem er im Park Stras­sen­künst­ler ge­se­hen hat, kauft er mit sei­nem letz­ten Geld, mehr aus Ver­zweif­lung als aus durch­dach­tem Han­deln, ein Pan­da­kos­tüm, um als Tanz­bär Geld zu ver­die­nen. Ein Pan­da steht für Frie­den und Freund­schaft, aber so­weit denkt Dan­ny nicht.

Das Kos­tüm ist ein La­den­hü­ter und vor al­lem bil­lig und muss des­halb als Ver­klei­dung her­hal­ten. Doch Dan­ny kann we­der sin­gen, noch tan­zen, noch Thea­ter spie­len und macht sich zu­erst mit sei­ner un­üb­li­chen Ver­klei­dung vor al­lem lä­cher­lich. Aber Dan­ny trai­niert und wird mit Hil­fe der Nacht­club­tän­ze­rin Krys­tal er­folg­rei­cher. Bei ei­nem sei­ner Auf­trit­te be­ob­ach­tet er, wie sein Sohn Will von an­de­ren Ju­gend­li­chen be­droht wird und er schrei­tet ein. Will fasst sich ein Herz. Er be­ginnt zu spre­chen und ver­traut sich dem ver­meint­lich frem­den Pan­da an. Wird es Dan­ny auch ge­lin­gen, ohne Kos­tüm mit sei­nem Sohn zu spre­chen?

Lie­bens­wer­te Cha­rak­te­re

Der Au­tor Ja­mes Gould-Bourn hat mit sei­nem De­büt­ro­man eine ein­fühl­sa­me und hu­mor­vol­le Ge­schich­te über Trau­er, Ver­zweif­lung, aber auch über Mut, Ver­än­de­rung und tie­fe Freund­schaft ge­schrie­ben. Mit den sym­pa­thi­schen Haupt­fi­gu­ren Dan­ny und Will be­schreibt er eine fein­füh­li­ge, fast et­was un­be­hol­fe­ne Va­ter-Sohn-Be­zie­hung, die nach dem Tod von Liz vor al­lem von Trau­er ge­zeich­net ist. Auch die Ne­ben­fi­gu­ren, wie Dan­nys ehe­ma­li­ger Ar­beits­kol­le­ge Ivan, ei­ner mit ei­ner har­ten Scha­le und wei­chem Kern, oder die taf­fe, nicht auf den Mund ge­fal­le­ne Nacht­club­tän­ze­rin Krys­tal bis hin zum em­pa­thi­schen Leh­rer oder Wills bes­tem Freund Mo, sind ab­so­lut gross­ar­tig und mit fei­nem Hu­mor und Herz­blut an­ge­legt.

Wit­zi­ge Dia­lo­ge

An Si­tua­ti­ons­ko­mik wird in die­sem emo­tio­na­len Buch nicht ge­spart. Be­son­ders die le­ben­di­gen, schlag­fer­ti­gen und wit­zi­gen Dia­lo­ge las­sen ei­nen im­mer wie­der schmun­zeln. Manch­mal fal­len Aus­drü­cke auch et­was derb aus, was aber das Buch nicht we­ni­ger in­ter­es­sant macht und eine ge­lun­ge­ne Span­nung zu den oft­mals hu­mor­vol­len Pas­sa­gen er­zeugt. Ja­mes Gould-Bourn er­zählt die Ge­schich­te skur­ril, emo­tio­nal, hu­mor­voll, schräg und vor al­lem un­heim­lich warm­her­zig. Ob­wohl er vie­le schwie­ri­ge The­men an­spricht, ver­liert die­ses Buch trotz­dem nie sei­ne Leich­tig­keit.
Wer nicht sel­ber le­sen mag, kann sich «Pan­da­ta­ge» auch ger­ne vor­le­sen las­sen. Dem Schau­spie­ler Hen­drik Du­ryn (be­kannt aus der TV-Se­rie «Der Leh­rer») ge­lingt es auf dem gleich­na­mi­gen Hör­buch her­vor­ra­gend, die ver­schie­de­nen Cha­rak­te­re durch per­fekt ab­ge­stimm­te Stimm­la­gen gran­di­os zu be­le­ben. Ob als Buch oder Hör­buch, eine be­zau­bern­de Va­ter-Sohn-Ge­schich­te, die sich ab­so­lut un­ter­halt­sam liest oder an­hört und bei der man sich wünscht, sie wäre nie zu Ende.

Ka­rin Sut­ter, Bi­blio­thek Teu­fen