Der Riesentöter

Iain Law­rence, Der Rie­sen­tö­ter. – Stutt­gart : Ver­lag Frei­es Geis­tes­le­ben, 2017. (978–3‑7725–2757‑9)

In den 1950er-Jah­ren wird un­ter Hoch­druck an der Po­lio-Krank­heit ge­forscht. Es gibt kei­ne The­ra­pie ge­gen die so­ge­nann­te «Kin­der­läh­mung». Lau­ries Va­ter ar­bei­tet für die Po­lio-Stif­tung. Als er er­fährt, dass Lau­ries Freund Di­ckie an Po­lio er­krankt ist, ver­bie­tet er aus Angst vor ei­ner An­ste­ckung den Kon­takt zu ihm. Di­ckies Mus­keln sind ge­lähmt und er muss in ei­ner Lun­gen­ma­schi­ne künst­lich be­atmet wer­den. Die elf­jäh­ri­ge Lau­rie be­sucht ihn heim­lich im Spi­tal. Di­ckie bit­tet Lau­rie, ihm und den Zim­mer­ge­nos­sen eine Ge­schich­te zu er­zäh­len.

Das Aben­teu­er des Rie­sen­tö­ters

Bei je­dem Be­such ent­führt das Mäd­chen ihre neu­en Freun­de in eine Fan­ta­sie­welt. Sie er­zählt von Collos­so, dem Rie­sen, der al­les zer­stört, und dem Jun­gen Jim­my, der den Rie­sen tö­ten soll. Aus­ge­rech­net Jim­my, der im Al­ter von ei­nem Jahr durch ei­nen Fluch auf­hör­te zu wach­sen! Sein Wunsch, eben­so ernst ge­nom­men zu wer­den wie Er­wach­se­ne und die Er­kennt­nis, dass er von sei­nem Va­ter aus­ge­nutzt wur­de, zwingt den Zwölf­jäh­ri­gen zur Flucht. Ganz al­lei­ne macht er sich auf die Su­che nach dem Rie­sen. Auf der ge­fähr­li­chen Rei­se trifft Jim­my auf Furcht ein­flös­sen­de Krea­tu­ren und oft ent­kommt er nur knapp dem Tod. Der hilfs­be­rei­te Ein­horn­jä­ger Khan be­freit den Jun­gen aus ei­ner miss­li­chen Lage und die frosch­ar­ti­ge Moor­he­xe zeigt ihm den Weg zum Schloss des Rie­sen. Ihre Weis­sa­gung «In den Her­zen der Men­schen wirst du der gröss­te Mann sein, der je ge­lebt hat.» gibt ihm Mut und Zu­ver­sicht.

Bald er­ken­nen sich ei­ni­ge Zu­hö­rer in der Ge­schich­te wie­der. Mit Er­stau­nen stel­len sie fest, dass sie die glei­chen Ver­gan­gen­hei­ten und Ei­gen­schaf­ten ha­ben wie die Ak­teu­re in der Fan­ta­sie­welt. Der Kampf ge­gen Collos­so gleicht dem täg­li­chen Kampf ge­gen die Kin­der­läh­mung. Dann er­krankt Lau­rie sel­ber an Po­lio. Als sie nicht mehr wei­ter­erzäh­len kann, hel­fen ihre neu­en Freun­de, die Ge­schich­te des Rie­sen­tö­ters zu Ende zu brin­gen. Da­bei ver­än­dert sich auch ihr Le­ben.

Mix aus Kran­ken­ge­schich­te und Fan­ta­sie­welt

Die be­rüh­ren­de Ge­schich­te über die Hoff­nung und den Mut der schwer kran­ken Kin­der ist sehr span­nend er­zählt. Der Au­tor be­schreibt den All­tag in der Kli­nik und die hin­ge­bungs­vol­le Pfle­ge der Kran­ken­schwes­tern meis­ter­haft. Er ver­steht es, zwei völ­lig ver­schie­de­ne Ge­schich­ten zu ei­ner zu­sam­men­zu­fü­gen.
Da Po­lio heu­te für die meis­ten Ju­gend­li­chen kein Be­griff mehr ist, soll­ten die wich­tigs­ten Grund­kennt­nis­se über die­se Krank­heit vor dem Le­sen er­wor­ben wer­den. Die­ses Buch ist ge­eig­net für Ju­gend­li­che ab zehn Jah­ren.
Lei­der hat mich das Co­ver ganz und gar nicht an­ge­spro­chen. Die et­was fade ge­stal­te­te Zeich­nung könn­te auch der Grund sein, wes­halb die­ses Buch in der Bi­blio­thek Hei­den nicht oft aus­ge­lie­hen wur­de. Mit die­ser Ru­brik möch­te ich ihm noch­mals eine Chan­ce ge­ben, denn der In­halt hat eine gros­se Le­ser­schaft mehr als ver­dient!

Mar­ti­na Küng, Bi­blio­thek Heiden/Grub