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Gottlieb Heinrich Heer, Die Königin und der Landammann. – Zürich : Orell Füssli, 1936. Online unter https://tinyurl.com/y9zr34jf.

Der historische Roman aus dem Jahr 1936 beschreibt die Freundschaft zwischen Napoleons Schwägerin Hortense de Beauharnais und dem Ausserrhoder Landammann Jakob Zellweger (1770–1821). Die ehemalige Königin Hortense lebt um 1816 in Konstanz im Exil. Jakob Zellweger gehört anfangs zu den eidgenössischen Tagsatzungsabgeordneten, die in ihr eine gefährliche politische Frau sehen und die ihr die Niederlassung auf Schweizerboden verweigern wollen.

Hortenses gesundheitlicher Zustand ist schlecht und Ärzte raten ihr zu einer Molkenkur in Gais. In diesem Zusammenhang lernt Zellweger die Frau kennen und wird allmählich zu ihrem Bewunderer und heimlichen Verehrer. Die beiden schreiben sich Briefe und besuchen sich gegenseitig. Ein Heiratsantrag des Witwers lehnt Hortense ab. Zu kalt sei ihr das Klima in Trogen. Soweit die historischen Fakten.

Gottlieb Heinrich Heer nimmt diesen Stoff auf, lässt aber auch schriftstellerische Fantasie spielen. Der Roman ist «süffig» und aus heutiger Sicht hart an der Grenze zum Kitsch. Eine ideale Lektüre für einen lauen Sommerabend.

Appenzellerland um 1820

Mich haben vor allem Passagen interessiert, die in Trogen und Umgebung spielen:

Jakob Zellweger beschäftigt sich in Krisenzeiten mit seiner Vergangenheit, indem er Briefe von Johann Jakob Bodmer (1698–1783) an den Arzt Laurenz Zellweger (1692–1764) – seinen Grossonkel – studiert und Gegenstücke der Briefe in Zürich beschaffen möchte.

Die «förene Hütte», bescheidene Behausung von Laurenz Zellweger, regt Jakob Zellweger, der in einem stattlichen Steinpalast lebt, zu Gedanken an über Komfort, inneres Leben und äussere Fassade.

Erwähnt sind auch Quelle und Bad Trogen. Dieses ist aber verdrängt worden durch den Kurort Gais. Die Trogener sind deshalb schlecht zu sprechen auf die neuen Kurtouristen, das «Geschmeiss von Gais». Als Hortense auftaucht, wird sie auch gleich von ausländischen Spionen überwacht

Eine abenteuerliche Kutschenfahrt von Gais nach Trogen geht dem Treffen zwischen dem Landammann und der Königin voraus. Von Schluchten mit überhängenden Felsen ist die Rede und man fragt sich, wo genau die Strasse damals durchführte. Für eine königliche Equipe jedenfalls eindeutig zu ruppig.

Zum Autor

Gottlieb Heinrich Heer (1903–1967) studierte Germanistik und Kunstgeschichte und wurde dann freier Schriftsteller und Journalist. Seine Novellen und Romane wurzeln thematisch in Landschaft und Geschichte seiner Heimat. 1945 wurde er mit dem Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis geehrt.

Sabeth Oertle, Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden


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