Haratschwili, Nino. Das achte Leben (für Brilka). - Frankfurt a.M. : Frankfurter Verlagsanstalt, 2014.
(ISBN 978-3-62700-208-4)

„Du bist ein Faden, ich bin ein Faden...“

Das ganze Familienepos „Das achte Leben (für Brilka)“ der georgischen Autorin Nino Haratschwili breitet sich wie ein Teppich vor der Leserin oder dem Leser aus. Es ist aber nicht nur die Geschichte der Familie von Brilka, sondern auch ein Teil der Geschichte Osteuropas im 20. Jahrhundert, von der Russischen über die Sowjetische, Georgische bis wieder hin zur Russischen Geschichte.

Auf über tausend Seiten werden die verschiedenen Figuren über sechs Generationen, von der Autorin meisterhaft lebendig gezeichnet, vom Leben geschüttelt. Beginnend mit der Russischen Revolution reicht die Zeitspanne über die Stalin-Zeit bis hin zum Kalten Krieg, der Auflösung der Sowjetunion, der nachsowjetischen Zeit und dem Georgischen Bürgerkrieg.

Niza erzählt ihrer zwölfjährigen Nichte Brilka diese ganze Geschichte, die 1900 mit der Geburt von Stasia beginnt, der Tochter eines Scholokadenfabrikanten in Georgien. Ein besonderes Rezept für Heisse Schokolade, von den Frauen als Geheimnis gehütet, wird die Familie durch alle Wirren begleiten und sowohl Hilfe als auch Verderben bringen. Stasia heiratet den Weissgardisten Simon, der nach Petrograd versetzt wird. Sie flüchtet mit ihren Kindern Kitty und Kostja nach Tbilissi zu ihrer Schwester Christine, die wegen ihrer aussergewöhnliche Schönheit ein schreckliches Schicksal erleidet. Kitty sucht vergeblich ihr Glück als Sängerin in London und Kostja verfällt dem Machthunger der Generation als Mitglied des Geheimdienstes der Sowjetunion. Die im Titel erwähnte 12-jährige Brilka reist mit einer Tanztruppe von Tiflis nach Amsterdam und will nicht wieder zurück nach Georgien. Tante Niza in Berlin soll sie finden und zur Vernunft bringen.

Das Buch verdient die Bezeichnung Epos, wird in manchen Renzensionen sogar mit Werken Tolstois oder der südamerikanischen Literatur verglichen. Ein ideales Werk für lange Winterabende. Der Bucheinband ist aufklappbar und schön gestaltet. - Die Autorin ist 1983 in Tiflis geboren und lebt heute als Dramaturgin und Schriftstellerin in Hamburg.

Iris Schläpfer, Mediathek der Kantonsschule AR