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Top of the lake : 6 Episoden à 60 Minuten / Regie: Jane Campion. - Polyband Medien, 2013. DVD / Blu Ray

„Top of the Lake“ – Kein gewöhnlicher Ort. Kein gewöhnliches Verbrechen - das Fernsehen erfindet sich neu

Fernsehserien sind nichts Neues. Schon sehr früh übernahmen TV-Stationen das Konzept der Serie vom Radio, um so die Zuschauer Woche um Woche vor den Bildschirm zu locken. Wer schon etwas älter ist, wird sich mit Sicherheit an John Boy von den „Waltons“ oder an Mr. Spock aus „Raumschiff Enterprise“ erinnern.

Neu ist hingegen seit einiger Zeit, dass Fernsehsender das Kinoformat für sich entdeckt haben und damit äusserst erfolgreich sind!

Begonnen hatte das 1993, als mit „Akte X“ zum ersten Mal bewusst eine TV-Serie mit Kinooptik produziert wurde. Es wurden keine Kosten gescheut, um dem Zuschauer zu Hause das Gefühl zu geben, er hätte es mit einer Kinoproduktion zu tun: ausgeklügelte Kamerafahrten, unübliche Schnitttechniken, grossartige Schauspieler und epische Soundtracks. Die TV-Serie „24“ steigerte dieses neuartige Konzept noch, indem der Ermittler Jack Bauer in jeder Staffel in Echtzeit während 24 Stunden einen Fall zu lösen hatte. Mittlerweile sind Kino-Weltstars wie Kevin Spacey in „House of Cards“ die Zugpferde von TV-Serien.

Das Phänomen „Game of Thrones“ Das Fernsehen hat gegenüber dem Kino den grossen Vorteil, dass es Geschichten erzählen kann, die wesentlich länger dauern als ein Kinobesuch. Das beste Beispiel dazu liefert die monumentale Verfilmung von George R.R. Martins Fantasy-Bestseller „Game of Thrones“: Das US-Staffelfinale der 4. Season, verzeichnete einen neuen Rekord: 7.1 Millionen Zuschauer verfolgten die Handlung am Bildschirm und der Sender registrierte eine Woche später 7.5 Millionen Downloads. Und auch in unserem Alltag setzt die TV-Serie, wenn auch ungewollt, neue Trends: Während 1990 der Kinofilm „Kevin - Allein zu Haus“ unzählige Eltern bei der Namensfindung „inspirierte“, so tragen seit 2012 etliche Kinder in den USA den Fantasienamen der Kriegerin Khaleesi. Wahrscheinlich werden schon in Kürze an Schweizer Schulen neben dem Fritz und Franz auch Mädchen mit dem pseudomittelalterlichen Namen Arya sitzen (das ist das mutige Mädchen aus dem Könighaus „Stark“).

Eine magische Krimiserie aus Neuseeland Es wird jedoch zunehmend schwierig, aus all den vielen Serien, mit denen uns das Fernsehen seit Jahren unterhält, eine Auswahl zu treffen. Wer sich nämlich darauf einlässt, muss viel Zeit reservieren (bei sieben Staffeln können das schon mal 150 Stunden sein!). Eine TV-Serie, welche nachhaltig positiv im Gedächtnis bleibt und nicht allzu viel Zeit in Anspruch nimmt, ist die Mini-Krimiserie „Top of the Lake“ der neuseeländischen Filmregisseurin Jane Campion. Schon die erste Szene präsentiert eine starkes „Whodunit-Motiv“: Die 12-jährige Tui wird eines Morgens aus einem eiskalten Bergsee in der neuseeländischen Provinz gezogen. Ein Selbstmordversuch? Es stellt sich heraus, dass sie im fünften Monat schwanger ist. Doch Tui schweigt beharrlich dazu, wer der Vater ist. Dann verschwindet das Mädchen plötzlich.... Die TV-Serie wurde 2013 mit dem „Critics’ Choice Television Award“ ausgezeichnet und bekam vier weitere Nominierungen. Dies nicht ohne Grund: Die Verfilmung bewegt sich technisch und schauspielerisch auf höchstem Niveau. Dazu prächtige Landschaftsaufnahmen, glaubhafte Figurenzeichnung (jenseits der üblichen Stereotypen „Gut und Böse“). Der cleverere Plot und ein mystischer Soundtrack machen die sechs Stunden Krimi zu einen grossen Kinoerlebnis auf dem kleinen Bildschirm zu Hause.

Gerold Ebneter & Iris Schläpfer, Mediathek der Kantonschule Trogen

 

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