Laudatio auf eine kaukasische Kuh : Roman / Angelika Jodl. – Köln : Eichborn, 2021. (978-3-8479-0068-9)
Und wann kommt die Kuh? Im unterhaltsamen Roman der deutschen Autorin Angelika Jodl hatte mich die Geschichte schon fest gepackt, bis endlich die kaukasische Kuh in der ländlichen Region Georgiens auftauchte! Ist es ein Moment, welcher der Handlung eine neue und vielleicht doch entscheidende Wende gibt?
Olga hat es fast geschafft: Die Tochter georgischer Migranten, die zuhause pontisch sprechen und eigentlich Griechen aus der Kaukasus-Region sind, wird Ärztin. Mit elf Jahren kommen Olga und ihre Familie aus Georgien nach München. Olga setzt alles dran, schnell deutsch zu sprechen, nur deutsche Freundinnen kennen zu lernen und in der Schule zu brillieren. Olga hat feste Vorstellungen von ihrer Zukunft und es passt. Ihr Studienkollege Felix hat sein Medizinstudium bereits erfolgreich abgeschlossen, kommt aus wohlhabender Familie und ist in Olga verliebt. Sie ist überzeugt, nun den Mann fürs Leben gefunden zu haben. So hat sie sich ihr Leben immer vorgestellt: deutsch – mit Mann, Karriere und Kindern. Aber das Kribbeln im Bauch fehlt. Auch die Begegnung mit Felix’ Eltern mit ihrem wunderbaren kurzen Nachnamen van Saan zögert Olga immer wieder hinaus. Ebenso scheint es ihr unmöglich, dass Felix ihre Eltern und ihr Zuhause kennen lernen sollte.
Da platzt Jack der Lebenskünstler in ihr Leben. Nach nicht ganz abgeschlossenen Studien verdient er seinen Lebensunterhalt als Ghostwriter für Studenten. Alles andere als eine gradlinige Karriere! Jack findet alles an Olga toll, besonders auch ihre Herkunft, die sie selbst am liebsten verschweigen würde. Wie zwei Planeten aus unterschiedlichen Galaxien prallen Olga Evgenidou und Jack Jennerwein aufeinander. Olga will sich nicht vom eingeschlagenen Lebensweg abbringen lassen! Aber was für ein Tumult entsteht denn da in ihrem Innern?
Eine Erkrankung ihrer Mutter führt die gesamte Familie nach Georgien. Heimlich folgt ihnen Jack. In der Heimat zeigt sich die grosse Stärke von Olgas Familie. Gastfreundschaft, Improvisationstalent und die Fähigkeit, die Wirklichkeit ab und zu so zu biegen, wie es im Moment gut passt, zeigen kulturelle Unterschiede humorvoll und anschaulich. Olgas bisher strikt getrennte Lebenswelten – hier Deutschland, da Kaukasus – beginnen sich zu vermischen. Olga entwickelt neue Sichtweisen auf ihre Herkunft. Mit ihr lernen wir Georgien, Geschichte und Kultur, Städte und Landschaften, Menschen und ihre Lebensweisen und natürlich die herrlichen georgischen Speisen kennen.
Bis Olga den Richtigen findet, dauert es noch eine Weile und bis zuletzt bleibt das Buch eine einfühlsam erzählte Liebesgeschichte, ideal für laue Sommerabende! «Laudatio auf eine kaukasische Kuh» profitiert von den Kenntnissen und Erfahrungen der Autorin über das Land, die Kultur und die Menschen in Georgien.
Angelika Jodl, geboren in Niederbayern, hat Philosophie, Sprachen und Literaturwissenschaft studiert. Sie unterrichtet Studenten aus aller Welt in Deutsch und hält Vorträge und Workshops zur deutschen Sprache. An der Staatlichen Universität in Tiflis lehrte sie als Dozentin und bereist Georgien regelmässig. Sie lebt mit Mann, Sohn und vielen Tieren in München.
Gabrielle Brun, Bibliothek Teufen