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Die SoG aus der OaS : März 2013 bis Oktober 2017 / herausgegeben von Rainer Stöckli. – Schwellbrunn : orte, 2019. (978-3-85830-256-4)

Lektüre-Empfehlung Ende Juni – möchte man es sich einfach machen, so dürfte man hinzeigen auf die Neuerscheinung «111 Orte rund um den Säntis» (bei emons in Köln, 234 Seiten, ca. 24 Franken). Darin Kurzporträt mit Anekdoten zum Äscher / zu Ennetbühl an der Schwägalp-Route / Hemberg / Nesslau / Roslenalp (politisch zu Sennwald gehörig) / Weissbad … In manchem Falle wird die geneigte Leserin nicken / der gewogene Leser zustimmen: ja doch, kenn’ ich, einverstanden, sehenswert.

Etwas weniger einfach macht es einem Rainer Stöcklis Anthologie mit 222 Gedichten aus demselben geographischen Raum, allerdings auch darüber hinaus: Appenzell AI und AR, St. Gallen, Thurgau, Glarnerland, Bündner Herrschaft, nebst Vorarlberg und sonst Bodenseenähe. Es orientiert also auch diese Texte-Sammlung über die Ostschweizer Welt. Sie ist im orte-Verlag erschienen, in Schwellbrunn gefertigt; Stöckli hat sogenannte zusammengetragen, die März 2013 bis Oktober 2017 in der «Ostschweiz am Sonntag» publiziert worden sind – einmal wöchentlich, solang halt die Printausgabe existiert hat, nämlich über viereinhalb Jahre hin. Zumeist postkartenkurze Gedichte, dann und wann etwas länger, regelmässig in der unteren linken Ecke einer Kulturseite platziert, Schreibmaschinen-Type, das Datum rot an Titelstelle, der Text hellgrau unterlegt.

Sonntagspresse in der Schweiz

Vor gut zwei Jahren hat die «SonntagsZeitung» der Tamedia-Gruppe jubiliert:
dreissig Jahre präsent, in guten Zeiten mehr als 600‘000-er Auflage, unterdessen die meistgelesene Zeitung am Sonntag. Es galt aber schon vor Ende März 2017 der Markt für die Sonntagspresse in der Schweiz als schwierig. Der Boom sei vorbei, hiess es, das Nutzerverhalten verändert, die Werbe-Einnahmen im Sinkflug. Hauptursache: Digitalisierung. Im Jahr der Fusion von «Der Sonntag» und der «Südostschweiz am Sonntag» hat sich an der Seite des St. Galler Tagblatts dennoch die «Ostschweiz am Sonntag» aufs Parkett gewagt, viereinhalb Jahre später hat man die gedruckte Ausgabe aufgeben müssen, Ende Monat verschwindet die St. Galler on-line-Version.

Wohl war das pressehistorisch späte Unternehmen allzu keck geplant, allzu optimistisch in Gang gebracht. Langfristig haben sich freilich auch andere Sonntagspresse-Erzeugnisse nicht tragen lassen, weder Jahrzehnte früher ausgelieferte Blätter noch in vergleichsweis dichter bebauten Grossregionen verteilte. Für ein diesbezügliches Lamento ist das -Gefäss freilich nicht der richtige Ort. Ohnehin muss nicht alles, was verschwindet, beklagt sein! Allerdings auch nicht handkehrum vernichtigt! Sechs scheint’s bereicherte Tagblatt-Ausgaben sollen die «Ostschweiz am Sonntag» aufwiegen, so ist’s versprochen. Ein zweites Gegengewicht – wider das Vergessen – möchte ebendiese Sammlung von bilden; sie möchte das Andenken an dichterisches Schaffen verlängern.

Ob eine Anthologie das soll?

Zugestanden, Erinnern ist freiwillig! Wem jedoch, wie dem Herausgeber, daran liegt, das literarisch Rare nicht vorübergehen zu lassen, schon gar nicht, es unbedacht zu entsorgen, für den und die ist das erstellt, die Sammlung vorgewortet und nachbegründet, sind die Beiträger vorgestellt und die Quellen benannt. Nicht selten begegnet man Erstdrucken. Seit wenigen Wochen ist das Buch im Handel und/oder zu finden im Regal hiesiger Öffentlicher Bibliotheken. Die Gedichtfolge eröffnet hatte am 3. 3.13 Eveline Hasler, das letzte Wort zum Abschluss der Texte-Sequenz hatte am 29.10.17 Emmi Mühlemann-Messmer. Ein Autorinnen-Verzeichnis mit Übersicht über die Erscheinungsdaten rundet das insgesamt schöngestaltete Buch.

Die Anfangszeilen von Haslers anrührender Lyrik lauten: «Als ich ein Kind war / deckten mich die Nächte zu / Zeltgeborgenheit / Schossdunkles» (Seite 11); Verse aus Mühlemann-Messmers Novemberstrophe ziehen Bilanz (Seite 246): «De Herbscht phackt sini Sibesache zäme, / bloost no di letschte Bletter ab de Bömm.» Mittlerweile ist das Jahreszeiten-Karussell weiter am Kreisen, für den Monat Juni dürften wir lesen: «De Juni schickt jetz s Vech of d Alp, s isch näbe Zit, / bald chönnd mit groosse Schrett di lengschte Tage scho!»

Rainer Stöckli, Gemeindebibliothek Reute

 

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