Jakob Maria Soedher, Mauchin : historischer Roman. Mauchin-Trilogie, Teil 1. Bodensee, Bregenzerwald. – Landsberg am Lech : Edition Hochfeld, 2018. (978-3-9818025-2-8)
Jakob Maria Soedher hat mich bereits als Krimiautor begeistert. Seine Kommissar-Schielin-Krimis haben mich inhaltlich gefesselt, vor allem aber auch sprachlich. Seine Fähigkeit, Personen, das Wetter über Alpstein und Bodensee und die Stadt Lindau «buchstäblich zu zeichnen», hat mich beeindruckt. Ich sah mich also fast gezwungen zu recherchieren, was der Autor denn sonst noch publiziert hat. Dabei bin ich nebst verschiedenen Reiseführern und Bildbänden auf sein neuestes Werk, diesen historischen Roman gestossen.
Originale Gerichtsakte
Bei Recherchen zu seinen Krimis ist Soedher in Lindau auf eine Gerichtsakte aus dem 18. Jahrhundert gestossen. Die darin erwähnte Franziska Mauchin stammt aus dem damals entlegenen Dorf Bezau im Bregenzerwald. Nachdem ihr Vater auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen ist, ist sie als junge Frau und Bäuerin den Intrigen dieser Zeit ausgeliefert. Sie verliert den elterlichen Hof und muss ihre Heimat verlassen. «Bauern und Viehhändler nahmen alles Vieh mit, und in der Stille, die danach einsetzte, diese Stille ohne Muhen, Gackern, Meckern und Grunzen – in dieser Stille starb der Hof.»
Am Bodensee findet Franziska ein neues Auskommen als Pfarrköchin und einstweilen eine neue Heimat. Sie nimmt ihr Leben in die eigene Hand und entscheidet sich gegen eine schützende Heirat. Aber auch am Bodensee erfährt sie Neid und Missgunst. Sie spürt aber auch die Wärme und Fruchtbarkeit der Landschaft am See und kann für eine gewisse Zeit zur Ruhe kommen, bevor sie ein erneuter Schicksalsschlag heimsucht. Unverheiratet schwanger muss sie sich gegen die öffentliche Moral und die gesellschaftliche Elite zur Wehr setzen. Doch mutig erringt sie Unabhängigkeit für sich und ihr Kind. Und auch im Bregenzerwald entgehen die Bösen ihrer Strafe nicht, irgendwie…
Metaphorische Sprache und historische Zusammenhänge
Mit grosser sprachlicher Kraft schildert Soedher das für diese Zeit beeindruckende Leben dieser Franziska Mauchin. Seine Fähigkeit, Charaktere und Landschaften zum Leben zu erwecken, beeindrucken von Kapitel zu Kapitel. Historisch fundiert zeichnet er ein Abbild des zu Ende gehenden 18. Jahrhunderts. Die Französische Revolution ist zwar weit weg, aber Reisende und diejenigen, die lesen können, bringen die Aufbruchstimmung und den aufmüpfigen Geist bis an den Bodensee und in den Bregenzerwald. Kirchliche und weltliche Macht kommen zunehmend unter Druck.
Diesen Roman darf man nicht im Sog der spannenden Handlung schnell durchlesen. Wie bei einem guten Essen sollte man jeden Bissen oder eben jeden Satz gut kauen und den Geschmack bis ins Detail geniessen. Man riecht, schmeckt und friert mit, spürt aber auch die wärmende Frühlingssonne im Gesicht. Eine genaue Beobachtungsgabe und akribische Recherchen sprechen aus diesem Buch! Wärmstens zu empfehlen!
Simone Vial, Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden