Wenn Gefühle auf Alltag treffen

Say you’ll re­mem­ber me : Ro­man / Abby Ji­me­nez, aus dem ame­ri­ka­ni­schen Eng­lisch von Ur­ban Hof­stet­ter. – Mün­chen : dtv, 2025. (978–3‑423–26440‑2)

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Eine Lie­bes­ge­schich­te, die dort an­setzt, wo vie­le Ro­ma­ne en­den wür­den: Im ech­ten Le­ben, zwi­schen Ver­pflich­tun­gen, Un­si­cher­hei­ten und der Fra­ge, wie viel eine Be­zie­hung tra­gen kann. Sa­man­tha und Xa­vier be­geg­nen sich zu­fäl­lig, und aus ei­nem leich­ten, char­man­ten Mo­ment ent­wi­ckelt sich eine Ver­bin­dung, die un­ver­hofft tief wird. Sa­man­tha steht kurz da­vor, ihr bis­he­ri­ges Le­ben hin­ter sich zu las­sen und nach Ka­li­for­ni­en zu­rück­zu­keh­ren, um sich um ihre an De­menz er­krank­te Mut­ter zu küm­mern. Xa­vier wie­der­um hat sich ge­ra­de eine ei­ge­ne Tier­arzt­pra­xis in Min­ne­so­ta auf­ge­baut. Die lo­gi­sche Kon­se­quenz? Eine Be­zie­hung gar nicht erst be­gin­nen.

Zwi­schen Pflicht und Sehn­sucht

Doch so ein­fach ist es nicht. Was zwi­schen ih­nen ent­stan­den ist, lässt sich nicht mit ei­nem ra­tio­na­len «Viel­leicht ein an­der­mal» weg­wi­schen. Der Ro­man zeigt ein­drück­lich, wie schwie­rig es ist, Ge­füh­len zu fol­gen, wenn die Rea­li­tät da­ge­gen­hält. Sa­man­tha kämpft mit der wach­sen­den Ver­ant­wor­tung, wel­che die Krank­heit ih­rer Mut­ter mit sich bringt – eine Ver­ant­wor­tung, die ih­ren All­tag struk­tu­riert und ihr ei­ge­nes Le­ben im­mer stär­ker zu­rück­drängt. Xa­vier da­ge­gen trägt die Last sei­ner Ver­gan­gen­heit und steht un­ter be­ruf­li­chem Druck, der ihm we­nig Raum für emo­tio­na­le Ex­pe­ri­men­te lässt. Bei­de wis­sen, dass ihre Le­bens­si­tua­tio­nen al­les an­de­re als idea­le Vor­aus­set­zun­gen für eine neue Be­zie­hung sind. Und doch wächst mit je­der Be­geg­nung die Ver­traut­heit, mit je­der Nach­richt die Vor­freu­de. Trotz al­ler Vor­sicht und al­ler Ver­nunft ent­steht zwi­schen Sa­man­tha und Xa­vier ein Ge­fühl, das sich nicht mehr igno­rie­ren lässt – das Ge­fühl frisch ver­liebt zu sein.

Für im­mer im Ge­dächt­nis

Am Ende ent­wi­ckelt sich Say you’ll re­mem­ber me zu mehr als ei­ner klas­si­schen Ro­man­ze. Sie er­in­nert dar­an, dass Be­zie­hun­gen nicht im­mer un­ter idea­len Vor­zei­chen be­gin­nen müs­sen, um be­deut­sam zu sein. Dass Nähe auch dann wächst, wenn der All­tag chao­tisch ist. Trotz der erns­ten The­men wie Krank­heit, Ver­ant­wor­tung und Di­stanz bleibt der Ro­man leicht­füs­sig und zu­gäng­lich: Hu­mor­vol­le Dia­lo­ge, char­man­te Sze­nen und klei­ne Glücks­mo­men­te sor­gen da­für, dass die Lek­tü­re sich an­ge­nehm und auf­bau­end an­fühlt. Gleich­zei­tig be­sitzt die Er­zäh­lung Tie­fe, weil sie zeigt, dass Nähe, Ver­trau­en und ech­te Ver­bun­den­heit oft nur durch Mut und Durch­hal­te­ver­mö­gen ent­ste­hen. So ver­mit­telt der Ro­man so­wohl Wär­me und Hoff­nung als auch eine Dar­stel­lung des rea­len Le­bens. Say you’ll re­mem­ber me ist ein Feel-Good-Ro­man mit Herz – leicht und un­ter­halt­sam, aber mit Nach­hall, weil er zeigt, wie Lie­be im ech­ten Le­ben aus­se­hen kann.

An­drea Kei­ser, Bi­blio­Gais